Verkehr

Die Verkehrsbranche ist in vielfältiger Weise von den Folgen des Klimawandels betroffen: Vor allem Extremwetterereignisse wie Starkregen, Überschwemmungen und Stürme sowie Hitzeperioden beeinträchtigen die Infrastruktur und stellen neue Anforderungen an Materialien und Technik. Umgekehrt werden aber auch positive Entwicklungen durch den „Ökotrend“, z.B. in Form einer zunehmenden Nutzung der Öffentlichen Verkehrsmittel, gesehen.


Ein Spediteur aus der Oberpfalz

Der Spediteur ist sich der Verantwortung der Verkehrsbranche bewusst: „Wir sind ja ein großer Mitverursacher des Klimawandels.“* Einen großen Handlungsspielraum sieht er jedoch für den Gütertransport nicht. Zwar läge durchaus eine Chance zur Emissionseinsparung im Ausbau des Schienenverkehrs, jedoch sei der Güterverkehr auf der Schiene nur begrenzt steigerbar. Außerdem stoße man oft bei den Kunden auf Widerstände: „Ich sehe das eigentlich als missionarische Aufgabe des Transportwesens, aber den Kunden ist die Schiene meistens zu umständlich und zu langwierig.“*

Schwierigkeiten, die ihm aus dem Klimawandel erwachsen, sieht er hauptsächlich in der verschärften Umweltgesetzgebung: „Als LKW-Betreiber hat man einfach eine schlechte Lobby.“* Wirklich aktiv werden kann er seiner Ansicht nach beim Thema Energieeinsparung und dem Einsatz emissionsarmer LKW. Den bundesweiten Feldversuch mit Gigalinern begrüßt der Spediteur und empfindet ihn als viel versprechend. Trotzdem müsse viel mehr in die Entwicklung alternativer Antriebstechniken investiert werden; denn mit entsprechenden steuerlichen Anreizen würde seiner Meinung nach der Markt schnell reagieren und die Fuhrparks würden entsprechend angepasst werden. „Hier sind aber Politik und Forschung besonders gefragt, ich als Spediteur kann da nicht viel beeinflussen.“*

Da der Gütertransport durch steigende Kosten für Personal, Ressourcen und  Versicherungspolicen immer teurer wird, sieht er großen Handlungsbedarf in der Entwicklung sinnvoller Logistikkonzepte. So müssten Routen optimiert und Leerfahrten reduziert werden. Ein Beispiel ist für ihn das Milk-Run-Prinzip. Hier wird nicht mehr jeder Kunde einzeln beliefert, sondern mehrere Kunden auf einer festen Route abgefahren.

Außerdem würde er ein sinnvolles City-Logistik-Konzept in Kooperation mit anderen Transportunternehmen sehr begrüßen. Erhebliche Kosten- und Emissionseinsparungen könnten erreicht werden, wenn die Unternehmen in einem zentralen Umschlaglager die Sendungen bündeln. Die Auslieferung in die Innenstädte würde dann abwechselnd oder von Subunternehmen durchgeführt werden. Eine Kooperation dieser Art möchte er nun anstoßen.

*Zitat aus Experteninterviews

Der ÖPNV einer bayrischen Großstadt

Vor dem Hintergrund steigender Kraftstoffpreise und dem Problem der Feinstaubbelastungen in den Großstädten wächst das Bedürfnis nach autofreien Innenstädten. Im Umkreis von Ballungsräumen werden die Anbieter von öffentlichen Verkehrsmitteln profitieren – wenn das Angebot stimmt.

Um zukünftig ausreichende Kapazitäten zur Verfügung zu haben, die den veränderten klimatischen Bedingungen angepasst sind, will das ÖPNV-Unternehmen jetzt reagieren. So wird gegenwärtig mit Hilfe eines Simulationsprogramms die Verkehrssituation überprüft. Ein Ausbau der Straßenbahn und der Buslinien wird angestrebt, um höhere Kapazitäten und eine kürzere Taktung der Busse bieten zu können, vor allem im Umland der Städte.

Hohe sommerliche Temperaturen und extreme Hitzetage müssen für Fahrer und Fahrgäste erträglich sein, um gesundheitliche Beeinträchtigungen zu vermeiden. So wird bereits die Ausstattung der Straßenbahnen und Busse mit leistungsfähigen Klimaanlagen forciert. Die notwendige Technik ist bereits vorhanden: „Da hat uns ja die Bahn dankenswerterweise die Entwicklung neuer Klimaanlagen abgenommen.“*

Eine wichtige Zielsetzung für das Verkehrsunternehmen ist die Schaffung von integrierter Mobilität, womit auch engere Kooperationen und eine bessere Abstimmung der Fahrpläne mit der Bahn verbunden sein werden. Der Kunde soll „von Tür zu Tür“ gebracht werden: „Das fängt vielleicht damit an, dass das Smartphone daran erinnert, dass man in zwei Minuten losgehen muss, damit man rechtzeitig den Bus erwischt. Nachdem man aus dem Bus oder der Straßenbahn ausgestiegen ist, steht dann z.B. ein E-Bike bereit. Oder für Urlauber, die die Bahn zur Anreise nutzen, ein Elektro-Auto.“

Sorge bereiten dem Unternehmen die im Zuge der Klimaerwärmung erwarteten Verschärfungen der kommunalen Auflagen. Einschränkungen und zusätzliche Kosten werden befürchtet: „Aber da müssen wir uns überraschen lassen. Wir sehen da für uns leider keine großen Einflussmöglichkeiten.“*

*Zitat aus Experteninterviews

 Ein Paketlieferservice in Bayern

Der Vertreter eines bayerischen Paketlieferservices ist recht positiv gestimmt: „Ich sehe eher die Chancen, wir brauchen nicht zu resignieren. Der Markt ist nach wie vor da, unser Paketmarkt bleibt ja. Und somit werden wir uns immer wieder auf diese Gegebenheiten einstellen und voraus mitmarschieren.“* Ein positiver Nebeneffekt ist für ihn beispielsweise, dass bei einem Rückgang des Schneefalls seine Fahrer mit besseren Straßenbedingungen rechnen können, so dass weniger Lieferverzögerungen durch schneebedingte Behinderungen entstehen könnten.

Er blickt jedoch nicht blauäugig in die Zukunft und nimmt durchaus auch Risiken wahr, die sich aus dem Klimawandel für sein Unternehmen ergeben. Wenn Energie knapper und teurer wird und Umweltzonen ausgeweitet werden, hat das für ihn erhebliche Kostenauswirkungen. „Man hat einen gewissen Fuhrpark, der hat bestimmte Emissionsklassen. Durch veränderte und verschärfte Auflagen sind häufigere Fuhrparkerneuerungen notwendig, die Fahrzeuge haben kürzere Laufzeiten. Früher haben wir die Fahrzeuge 25 Jahre gefahren, das ist jetzt vorbei.“* Diese Investitionen werden sich zwangsläufig auf das Gesamtprodukt auswirken. Wie der Kunde aber auf eine Verteuerung der Pakete reagieren wird, ist schwer einzuschätzen. Die Akzeptanz beim Kunden zu schaffen, sieht der Paketlieferservice als großes Problem, das auch andere Unternehmen der Logistikbranche betreffen wird.

Andererseits ergibt sich für ihn ein großer Mehrwert aus der Nutzung umweltfreundlicher Fahrzeuge: der Imagegewinn. „Ich sehe das natürlich auch als Werbeträger für mich, denn wenn die da draußen rumfahren mit einem Null-Emissionsfahrzeug, das ein bisschen spacig ausschaut, dann fällt das natürlich auf. Es hat zwar was gekostet, bringt mir aber auch ein gutes Image.“* So setzt er momentan für den Stadtverkehr ein Elektroauto ein und hat zwei Erdgasfahrzeuge in Betrieb. Er arbeitet schon länger eng mit Forschung und Entwicklung zusammen und setzt Testfahrzeuge ein. Durch einen Mix unterschiedlicher Technologien im Fuhrpark, sagt er, steigere er die Flexibilität seines Unternehmens. „Wir sind nicht festgelegt und sagen, wir machen jetzt den kompletten Fuhrpark so, sondern setzen einen Teil des Fuhrparks mal in eine neue Technik.“*

Dieser Paketlieferservice geht das Thema Klimawandel offensiv an. „Das lange Rumjammern bringt nichts. Wenn, dann muss man es halt anpacken.“* Neben Tourenoptimierungen, um Wege, Zeit und Kraftstoff zu sparen, werden seine Mitarbeiter in einer spritsparenden Ökofahrweise trainiert. Mithilfe von Spritsparmessgeräten haben seine Fahrer zudem die Möglichkeit, aktuell ihren Verbrauch zu überprüfen. Insgesamt ist das Thema Energie ein zentrales Thema für ihn, welches das ganze Unternehmen betreffen muss: „Denn Energieeinsparung, das ist zwar Kraftstoff, aber auch Öl, Heizung, Strom, Wasser – also nicht nur auf die Fahrzeuge bezogen.“*

*Zitat aus Experteninterviews